Der seidene Faden - 9/10
In meinen Augen hat Paul Thomas Anderson seit There Will Be Blood keinen richtig guten Film mehr gedreht. Umso schöner, dass er mit Phantom Thread einen herausragendes Comeback abliefert. Und die Werke sind sich gar nicht so verschieden.
Auch hier inszeniert PTA einen Machtkampf zwischen zwei Figuren, allerdings deutlich subtiler. Der elegante und überempfindliche Modeschöpfer Reynolds Woodcock trifft auf die selbstsichere Kellnerin Alma und sie avanciert kurzerhand zu seiner Muse.
Die Faszination und der Kontext dieser unaufgeregt aufregenden Romanze balanciert zwischen den Zeilen. In jeder Einstellung, in jedem gesprochenen & unausgesprochenem Wort und in jeder Gestik bröseln die Charaktere der Protagonisten langsam auseinander. Narrativ wird PTA aber niemals ausfallend oder droht in Klischees zu laufen, denn es gibt keine emotionalen Ausbrecher und klare Charakterzüge sind nicht zu erfassen.
Überraschend humorvoll fällt Phantom Thread aus, insbesondere wenn Reynolds & Alma pointierte Wortgefechte führen und Reynolds sich in seinem standardisierten Wohlbefinden gestört fühlt. (Dazu mein Liebingszitat: ''The tea is leaving, but the interruption is staying right here with me.'' )
Der dubiose narrative Twist wirkt zwar zunächst deplatziert und die Geschichte drohte mich zu verlieren, aber in seiner Konklusion durchaus berechtigt sowie ästhetisch ansprechend.
Gary Oldmans Auszeichnung zum besten Hauptdarsteller in allen Ehren, aber Daniel Day-Lewis hätte hier seinen vierten Acadamy Award entgegen nehmen müssen. Seine Co-Schauspielerinnen Vicky Krieps & Lesley Manville sind mindestens ebenbürtig.
Jetzt schon mein Liebster PTA nach Boogie Nights. Aber wie kommt man da auch vorbei?
[Auf letterboxd geschrieben]