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Alt 25.05.2018, 06:51   #1
shabrakke
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Standard netzpolitik.org

Datenschutz
Datenschutzgrundverunsicherung: Danke, Merkel!


Die Datenschutzgrundverordnung soll ein dringend notwendiges Update für den Datenschutz in Europa bringen. Doch kurz vor dem Stichtag dominieren Frustration und Verunsicherung die öffentliche Debatte. Eine Dynamik, die Angela Merkel und die Bundesregierung hätten verhindern können. Ein Kommentar.


Über die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist im Laufe ihrer ereignisreichen Geschichte viel gesagt worden. Nach fünf Jahren Verhandlung und einer zweijährigen Übergangsfrist ist sie ab kommenden Freitag, den 25. Mai, endlich wirksam. Während noch vor wenigen Wochen in der Debatte um den Cambridge-Analytica-Skandal viele erleichtert auf das Regelwerk verwiesen, ist die Öffentlichkeit derzeit von anderen Tönen geprägt. Die einen monieren, das Regelwerk sei ein bürokratisches Monster, dem man kaum gerecht werden könne. Andere kritisieren es als eine Gefahr für die Meinungsfreiheit oder ein Wirtschaftshemmnis. Dabei können wir geradezu exemplarisch beobachten, wie Politik und Administration das Thema entgleitet: Natürlich gibt es Streitigkeiten über die korrekte Anwendung und Auslegung der DSGVO. Aber tatsächliche und gefühlte Rechtsunsicherheit, die durch die neuen Regeln aufkommen, stehen in keinem Verhältnis mehr.

Zur Erinnerung: Datenverarbeitungen sind in der digital vernetzen Gesellschaft Alltag, das wird die Grundverordnung nicht ändern. Aber sie soll dem Status Quo des Wilden Datenwestens ein Ende bereiten, in dem viele Menschen das Gefühl haben, keinerlei Kontrolle darüber zu haben, welche Organisation was über sie weiß – und dass von diesem Informationsungleichgewicht viele profitieren, nur nicht sie selbst. Das Gesetz legt einheitliche Grundsätze für die gesamte EU fest, die sicherstellen sollen, dass die Nutzung persönlicher Daten nach verbindlichen Regeln abläuft und Betroffene garantierte Rechte haben. Vieles davon galt bisher auch schon, nur kümmerte es kaum jemanden. Darum stärkt die EU die Durchsetzungsmacht der unabhängigen Aufsichtsbehörden, über deren Sanktionsbefugnisse viele Unternehmen bislang nur schmunzeln konnten.

Die Bundeskanzlerin eilt zur Rettung

Allerdings, so der derzeit häufig zu lesende Vorwurf, träfe die Verordnung nicht nur „böse“ Datenkonzerne, sondern zu sehr auch „unverdächtige“ kleine Unternehmen und bloggende oder fotografierende Privatpersonen. Zu kompliziert seien die Regeln und zu hoch die Hürden, um sich rechtskonform zu verhalten. Zur vermeintlichen Hilfe eilt jetzt auf den letzten Metern Bundeskanzlerin Merkel – ausgerechnet. Auf einer Tagung der CDU-Kreisvorsitzenden versprach sie vor wenigen Tagen, mit dem Innenminister über das Problem zu reden. Es dürfe nicht sein, dass der Datenschutz Wirtschaft und Vereine überfordere.

Die Intervention der Kanzlerin ist gleich in zweierlei Hinsicht absurd: Zum einen ist es schon aus formalen Gründen ausgeschlossen, dass an den EU-Regeln jetzt noch etwas geändert wird. Zum anderen sind es Merkel und die von ihr geführte Bundesregierung selbst, die die jetzige Panik maßgeblich verschuldet haben. Denn Datenschutz war für die Kanzlerin bislang immer nur dann interessant, wenn er in Sonntagsreden pauschal als Gefahr für Wirtschaft oder Sicherheit kritisiert werden konnte – für Details interessierte sie sich nie. Sonst hätte die von ihr geführte Regierung die vielen Möglichkeiten genutzt, manche tatsächlich bestehende Unklarheit rechtlich auszuräumen und das Land auf die DSGVO vorzubereiten.

Denn dass eine Zäsur wie die Datenschutzreform ohne Unsicherheiten, Missverständnisse und Widerstände über die Bühne gehen könne, kann niemand ernsthaft geglaubt haben. Nicht erst seit gestern gibt es Umfragen, die darauf hindeuten, dass viele sich nicht gut vorbereitet fühlen. Deshalb hätte es neben sachlichen Klärungen auch Maßnahmen gebraucht, die gerade kleinen und mittleren Datenverarbeitern unter die Arme greifen.

Unheilvolles Raunen vom Innenminister

Darauf verzichteten die Große Koalition und hier vor allem das für Datenschutz zuständige Innenministerium jedoch. Im Gegenteil: Dem damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière bereitete es eine sichtliche Freude, auf der reublica 2017 selbst zur Verunsicherung beizutragen. Unheilvoll raunte er über die Datenschutzgrundverordnung, die Netzgemeinde dürfe bald womöglich nicht mal mehr über ihn twittern [Youtube], weil sein Name schließlich ein personenbezogenes Datum darstelle.

Dass das Quatsch ist, wusste de Maizìere natürlich selbst. Sein Ministerium hat die DSGVO in den EU-Verhandlungen mitgestaltet und war auch für die Anpassung des deutschen Rechts zuständig. Inzwischen stellt das Bundesinnenministerium in einem FAQ klar, dass sich die Abwägung zwischen dem Grundrecht auf Datenschutz und dem auf Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit nicht grundsätzlich ändert. Gleiches gelte für das Thema Fotografie: Fotografen können sich in ihrer Tätigkeit auf das „berechtigte Interesse“ als Erhebungsgrund berufen, heißt es in dem Text. „Die Annahme, dass die DS-GVO dem Anfertigen von Fotografien entgegenstehe, ist daher unzutreffend.“ Auch die Veröffentlichung von Fotos sind unter den gleichen Bedingungen wie vorher möglich, weil das entscheidende Kunsturhebergesetz unverändert bleibt.

Ein knappes FAQ des Innenministeriums kurz vor dem Stichtag ändert allerdings wenig daran, dass die Unsicherheit weiter besteht und anwächst. Hilfreich wäre vor allem eine explizite rechtliche Klärung dieser Sachverhalte gewesen. Tatsächlich fordert die Datenschutzgrundverordnung von den Mitgliedsstaaten genau dies. Ein entsprechender Passus aus dem alten Bundesdatenschutzgesetz wurde jedoch nicht in das neue übernommen, weil die Verantwortlichkeit für das Thema seit der zweiten Föderalismusreform Ländersache sei, teilt das Innenministerium auf Anfrage mit. Es gebe aber eine Kontaktgruppe der Bundesländer, entsprechende Landesgesetze seien auf dem Weg oder schon beschlossen. Darüber hinaus sei ein expliziter Hinweis auf die bestehende Rechtsordnung zum Verhältnis von Datenschutz und Kommunikationsfreiheit nicht notwendig. Auch die Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex sei schließlich Teil der herrschenden Rechtsordnung....................................

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Alt 25.05.2018, 12:13   #2
zwergling
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Ein Schlag ins Gesicht für alle freischaffenden Journalisten die wirklich Journalismus betreiben und nicht den Reuters-Auflagen unterliegen.
Bald muss man wohl für´s Kacken gehen einen Antrag abgeben...
Willkommen in der verschärften Diktatur.
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Alt 25.05.2018, 12:30   #3
zwergling
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Alt 25.05.2018, 13:10   #4
zwergling
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Alt 17.06.2018, 11:52   #5
zwergling
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Alt 19.06.2018, 11:36   #6
shabrakke
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