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Alt 21.05.2012, 23:42   #1
Dead_Cow
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Standard Die heutige 2Strikes-Anhörung im Bundestag

Die heutige 2Strikes-Anhörung im Bundestag (Kommentar)


Die heutige Anhörung könnte man mit den Worten zusammenfassen:
Herr Kauder machte erneut peinliche Äußerungen.

Auch sonst gab es leider nicht viel Neues aus dem Unterausschuss "Neue Medien" im Bundestag zu berichten.
„Vermarktung und Schutz kreativer Inhalte im Internet" war das Thema des öffentlichen Gesprächs.
Experten und Abgeordnete wollten sich hierzu austauschen.
Beim Versuch blieb es auch.
„Warnhinweise statt Abmahnungen“ hieß dabei eines der Stichworte.
Doch genau hierzu kam es im Detail eben nicht.
Dieter Frey, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht machte gleich zu Beginn darauf aufmerksam,
dass man das im Wirtschaftsministerium favorisierte 2-Strikes-Modell
rechtlich abschließend nicht bewertet werden könne, „da kein Modell vorliegt“.
Was aber bekannt sei, würde die Rechtsposition der Nutzer nicht berücksichtigen
und kaum rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen.

Kein Wunder, dass sich der Verfechter der Idee, Professor Rolf Schwartmann von der Fachhochschule Köln,
bei solch klaren Worten nicht richtig verstanden fühlte.
Er komme sich, so das professorale Klagelied, „wie der Vater eines gemobbten Kindes vor“.

Aber auch der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Eco-Branchenverbandes,
Oliver Süme ließ sich auch von diesem Klagelied nicht beeindrucken.
Datenbanken zur Realisierung effektiver Warnhinweismodelle bedeuten Vorratsdatenspeicherung.
Die Internet-Provider lehnten es ab, gegenüber deren Kunden die notwenige Neutralität aufzugeben.
Auch Prof. Schwartmanns lockender Vorschlag, man könne zu Gunsten seines Modells
doch kurzerhand das Datenschutzrecht ändern, ließ Süme unbeeindruckt.

Der in Urheberrechtsfragen unvermeidliche Siegfried Kauder (CDU)
bemühte sich daher in der ihm eigenen Art, Schärfe in die Debatte zu bringen.
Es sei für die Unterhaltungsindustrie „eine Zumutung, sich mit Nutzern im illegalen Bereich zu einigen.“
Die Betonung des Vorrangs eines Telekommunikationsgeheimnisses,
vom Bundesverfassungsgericht übrigens mehrfach bekräftigt und grundgesetzlich verbrieft,
würde „das Urheberrecht verletzen“.
Da könne man doch nicht mit einem TK-Geheimnis kommen.
Keiner der anwesenden Juristen aus beiden Lagern, auch nicht aus dem Contentbereich, fühlte sich bemüßigt,
zu dieser erneuten Peinlichkeit des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages Stellung zu nehmen.

Sachlich verwies Reimut van Bonn vom Verband unabhängiger Musikunternehmen demgegenüber
auf neue Modelle, welche allerdings den CD-Verkauf noch nicht kompensieren könnten.
Crowdfunding als ein Beispiel könne langfristig erfolgreich sein.
Insgesamt sei es ein Problem, wie gerade „kleine Künstler“ sich künftig erfolgreich vermarkten
und ihre Rechte durchsetzen sollen.
Das Stichwort „Creative Commons“ fiel in der zweistündigen Debatte aber kein einziges Mal.

Christian Sommer von Anti-Piracy Operations und Warner Bros. Entertainment beteuerte dann
die Kompromissbereitschaft seiner Branche, um dann letztlich wie auch sein Musikbranchenkollege Florian Drücke,
zu jedem Vorschlag NEIN zu sagen.
Lediglich bekannte Angebote will die Industrie auf einer neuen Plattform bekannter machen:
Also, wo läuft ein Film im Kino, wo ist er auf DVD erhältlich? Gähn.
Dazu braucht der durchschnittliche User nun wirklich niemanden.
Alles andere wäre aber nach Auffassung des Manns vom Film wohl von Übel.
Nachdenken über eine Flatrate? NEIN!
Nachdenken über Einnahmen aus Filesharing, wie es Frank Rieger mit der Wertmark des CCC vorschlug? IGITT.
Man wolle keinerlei Einnahmen aus dem „illegalen Bereich“. Punkt.
Damit wurde dem Dialogangebot des CCC seitens der Industrie einmal mehr die Türe vor der Nase zugeschlagen.

Wenigstens eine Neuigkeit übermittelte Dr. Christian Sprang vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
Sein Verein stünde der Open Access Idee im Wissenschaftsbereich „liberal“ gegenüber.
Ältere Teilnehmer der Sitzung erinnerten sich allerdings dabei schmunzelnd an die Vehemenz,
mit welcher der Börsenverein in Person des Dr. Sprang lange Zeit vergeblich versuchte,
eine positive Haltung der UNESCO zum Thema zu verhindern.
Aber wenigstens in einem Punkt blieb sich der Buchlobbyist im Unterausschuss treu:
Wie im Wissenschaftsbereich, so letztlich seine Idee,
solle der Staat mit Steuermitteln die Produktion von Inhalten finanzieren,
welche Schulbuchverlage dann für viel Geld an an den Staat
beziehungsweise an die Eltern der Schüler zurück verkaufen.
Alles andere würde sich wirtschaftlich nicht rechnen.
Zugegeben:
An Originalität ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bei kaum einer Anhörung zu überbieten.

Wohl auch deshalb fragte Dirk von Gehlen von der Süddeutschen Zeitung in die Runde hinein:
„Glauben wir, dass wir technisch, inhaltlich,
pädagogisch in die alte Zeit vor der digitalen Kopie zurückkehren können?“
Zumindest von der Seite, die das immer noch zu glauben scheint, blieb diese zentrale Frage erneut unbeantwortet.

Ebenso wie die Frage, ob beispielsweise Umsatzrückgänge der Musikindustrie
nicht ganz andere Ursachen als „nur“ das Internet haben könnten.
Diese wirklich spannenden Fragen wurden leider auch von den Abgeordneten nicht aufgegriffen.

So blieb es also dabei:
Nichts Neues im Unterausschuss Neue Medien zum Thema Urheberrecht. Fortsetzung folgt.



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